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Verhalten in Bärengebieten Teil 1: Eisbären


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#1 Magneto

Magneto
  • 14 Beiträge

Geschrieben 29. März 2009 - 19:36

Verhalten gegenüber dem Menschen:
Eisbären sind von Natur aus neugierig und prüfen nahezu alles in ihrer Umgebung auf Fressbarkeit. Wie die meisten Bären vermeiden sie den Kontakt zum Menschen und flüchten zumeist. Tun sie das nicht, kommen auf einen zu oder schleichen sich an, hat man ein Problem. Obwohl sie keine geborenen Menschenfresser und eher scheu sind, werden sie jedes Anzeichen von Furcht oder Flucht als Schwäche interpretieren und gegebenenfalls zum Angriff übergehen. Eisbären sind nicht territorial, weshalb ein Angriff entweder das Ziel hat die eigenen Jungen zu Schützen oder um zu Fressen, nicht den Menschen zu Vertreiben. Besondere Gefahr geht daher von Muttertieren und ausgehungerten Individuen (vor allem im Sommer) aus.

Verhaltensregeln im Verbreitungsgebiet:
- tagsüber, in Gruppen mit mindestens 4 Personen reisen.
- das Camp nie direkt an der Küstenlinie platzieren (die Strände werden auf Futtersuche abgelaufen), auf Geländeüberblick achten.
- Kochstelle: Windrichtung ausfindig machen und MIT dem Wind mindestens 100 m vom Zelt weggehen, hier kochen. Diese Richtung besonders im Auge behalten (ein möglicherweise vom Geruch angelocktes Tier wird wahrscheinlich aus dieser Richtung kommen). Mein Tipp: auf Wandertouren einfach abends kalt essen und unterwegs kochen, so kommt man nicht in den Stress mit der Kochstelle.
- auf geruchintensives Kochen verzichten (eher nicht lecker Speck mit Zwiebeln anbraten), Kochutensilien immer reinigen und nie zurück zum Zelt nehmen.
- Lebensmittel und Abfälle (dazu gehören auch benutzte Tampons/Binden) mindestens 100 m weit Weg vom Zelt lagern (also am Besten ein Dreieck aus Kochstelle, Zelt und Lebensmittellager), wenn möglich Lebensmittel erhöht (3 m!) lagern.
- Orte mit offenkundigen Zeichen von Bärenaktivität (Kadaver, Fährten, Kot) meiden
- mit Essensresten verschmutzte Hände, Messer etc. nicht an der Kleidung abwischen, nicht mit dem Fleece-Pullover im Dampf des Kochers stehen
- Lärm beim Gehen durch unübersichtliches Gelände machen.
- Umgebung beobachten.
- Hunde anleinen.
- sich nicht mit stark riechenden Cremes, Seifen, Deos zuballern (in Alaska wird auch vom Benutzen von Labellos gewarnt, pures Fett!)
- Lebensmittel in Luftdichten Behältern verpacken; alles was „riecht“ (z.B. auch Zahnpasta) und das Kochgeschirr (inkl. Besteck, Tasse Teller etc.) mit einem dicken Plastiksack vom Rest des Gepäcks trennen.
- auf Svalbard wird empfohlen einen „trip-wire“ um die Zelte aufzustellen (ein leichtgewichtiger Zaun, dessen Draht mit den Auslösern mehrerer Leucht-Knallkörper verbunden ist).

Verhaltensregeln beim Kontakt:
- nicht zwischen Muttertier und Junge geraten, wenn doch in „angemessener Geschwindigkeit“ zurückziehen. Greift die Mutter an siehe „Hinweis“.

- stößt man auf einen Bären der gemäßigtes Interesse zeigt (wittert, sich auf die Hinterbeine stellt, nicht sofort wegläuft) sollte man ruhig bleiben und einen geordneten Rückzug antreten, das Tier jedoch nicht aus den Augen lassen.

Falls ein Eisbär keine Anzeichen von Furcht oder Respekt zeigt, das Camp/die Gruppe umkreist (das tun sie zumeist um in die Lee-Seite zu kommen und den Geruch zu checken), oder sich gar zielstrebig annähert:
- Gruppenmitglieder sollten sich nebeneinander aufstellen
- selbstbewusst (nicht waghalsig) auftreten, und Lärm machen (Signalhörner, mit Töpfen klappern, Schneemobil oder Aussenborder anwerfen, etc.)
- „stand your ground“, aufrecht stehen, mit Armen wedeln, niemals weglaufen
- „Knallkörper“ zwischen sich und das Tier werfen (nicht hinter das Tier :), Warnschüsse
- es gibt keine Hinweise darauf, dass Eisbären sogenannte „bluff-charges“ (Scheinangriffe) machen. Also bringt tot stellen nichts. Die Opfer werden getötet und gefressen. Darum im schlimmsten Fall alle möglichen Waffen einsetzen: kochendes Wasser, Beil etc.
-es gibt im Gegensatz zu Braun oder Schwarzbären keine belastbaren Hinweise darauf, das Pfefferspray Eisbären abhält (2 mal soll es funktioniert haben) schaden kann es aber nicht!).

Hinweis:
Es wird dazu geraten (auf Svalbard sogar angeordnet) sich in Eisbärengebieten bewaffnet zu bewegen. Bewaffnet heißt ein Gewehr des Kalibers .308 win, 30-06 oder stärker. Einzige Alternative ist eine „pump-action shotgun“ des Kalibers 12. Das Feuern auf einen Eisbären gilt als allerletzte Option. Zudem MUSS der Schütze seine Waffe perfekt und unter Stress beherrschen können. Im Falle des Einsatzes empfiehlt die norwegische Regierung: “If an aggressive bear attacks with no sign of being scared away by warning shots, shoot with the aim to kill. This is a last resort. Aim for the chest, below the head, either from the front or the side. Do not attempt a shot in the head because the skull of polar bears is tough and well protected by heavy muscles, and the vulnerable area is surprisingly small even on a big bear. Keep shooting until the bear lies still, and do not approach it until you are sure it is dead. Even then approach the bear from behind.“ Amen.


Biologische Daten:
Stamm: Chordata (Chordatiere)
Klasse: Mammalia (Säugetiere)
Ordnung: Carnivora (Raubtiere)
Familie: Ursidae (echte Bären)
Gattung: Ursus (Bär)
Art: Ursus maritiumus (Eisbär)

Schulterhöhe: bis 1,6 m (♂)
Länge: bis 3 m (♂)
Gewicht: bis 700 Kg (♂)
Farbe: (gelblich)-weisses Fell
Reproduktionszyklus: ♀ führt 1-2, selten 3 Junge; alle 3 Jahre neuer Wurf
Nahrung: Robben; seltener Walross, Belugawal, Moschusochsen, Rentier, Vogeleier, Kleinsäuger, Fisch
Verbreitung: Arktis; Norwegen, Dänemark (Grönland), Russland, Kanada,USA (Alaska)
Lebensweise: Jagd im Winter und Frühjahr Robben auf dem Packeis. Im Sommer entlang der Küste und auf Inseln (z.B.Svalbard), selten in der inländischen Tundra anzutreffen.

Physiologische Superlative:
- kann bis zu 8 Monaten fasten
- schwimmt große Strecken wurde 320 km „schwimmend“ vor dem Festland gesichtet
- kann bis zu 5000 km/Jahr wandern
- Geschwindigkeit an Land bis 35 km/h
- sollen Futter über 100 km Entfernung wittern können

Quellen:
-Dennis Paulson, Les Beletsky; Alaska –The Ecotravellers´ Wildlife Guide (2001)
-Rainer Höh; Sicherheit in Bärengebieten (2003)
-Tom S. Smith, Stephen Herrero, Terry D. Debruyn, James M. Wilder; Efficacy of Bear Deterrent Spray in Alaska (2008)
- Larry Kaniut; The Original Alaska Bear Tales (1983)
- sehr informativ sind auch die ofiziellen HPs der Insel Svalbard und Nunavut.




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