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Dumpinglöhne und Kinderarbeit


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6 Antworten in diesem Thema

#1 Woz

Woz
  • 1.099 Beiträge

Geschrieben 11. November 2009 - 13:01

In jedem Bereich unseres Lebens spüren wir die Auswirkungen der "Wirtschaftskrise" mehr oder weniger, und immer wieder kommt - nicht nur deswegen - die Diskussion auf ob wir uns selber schaden wenn wir Fernost-Ware kaufen und damit auch die Arbeiter dort ausnutzen und der Umwelt schaden. Hier darf das - sachlich - diskutiert werden. Bitte nicht aufregen wenn jemand anderer Meinung ist, ruhig bleiben und diskutieren Danke!

So, mein Eingangsstatement:

Ich habe es schon oft erwähnt, in diesem und anderen Foren, und halte es auch weiterhin so: Es ist mir FAST egal wo mein Produkt her kommt. Klar, bei Lebensmitteln und Co liegt mir daran dass es aus der Region kommt, aber ich esse auch Erdbeeren aus Spanien und Rind aus Argentinien.
Bei Industrieprodukten ist das Herkunftsland in meiner Prioritätenliste weit unten. Da zählt erst mal die Qualität, dann der Preis, damit das Preis-Leistungsverhältnis, dann das Design, und DANN die Herkunft. Und da kaufe ich lieber Made in der EU als in China, aber eben nur dann wenn ich im selben Segement die Wahl habe.

Beispiel: Eine gute Taschenlampe kommt aus China oder den USA. LedLenser, liebe Kritiker, kommt auch aus China, wird aber oft als Deutsch angesehen. Und mit dem Argument "ich kaufe lieber Deutsche Ware" wird dann der horrende Preis gerechtfertigt. Wenn ich nun aber eine Fenix (oder andere Marke) besser zum selben, oder eine Romisen (oder andere Marke) in der selben Qualität billiger bekomme ist mir das mehr wert.

Ein Spyderco kann aus den USA, Japan, China oder Taiwan kommen, es ist immer saugut. Nicht umsonst sind die "billigen" Persistence und Tenacious die Topseller, und versetzen die neuen Preisbrecher (mit S30V und Kohlefasergriff) aus Taiwan Sammler in Entzücken. Die Dinger sind gut und Preiswert, auch aus Fernost. Und ich kaufe sie noch dazu in den USA, da verdient zwar der Importeur und der Händler in Deutschland nix, aber ich spare oft die Hälfte. (Kaufe dort auch die teuren US und Japanmesser, nicht nur die billigeren).

Hab ich ein Problem damit? Nein, denn:

- Viele "westliche" Produkte kommen sowieso aus Fernost. Meine 4 Macs sind allesamt "designed by Apple in California, assembled in China" - und das steht groß im Karton. iPod und iPhone auch, und wenn statt Apple Dell, Siemens Nixdorf, HP oder Blackberry am Gerät steht, es kommt dennoch aus China.

- Die "deutsche" Marke Jack Wolfskin produziert wie fast alle anderen auch (Fast alles von Elkline und Mammut T-Shirts sind aus Portugal, sonst noch was von denen?) in China, Kambodscha, Indien und Bangladesh. Wenn ich nun also ein Markenprodukt kaufe, dann muss ich nicht zur "deutschen" (oder bei Northland "österreichischen" Marke greifen, weil hier außer Handel (der bei allen Marken gut verdient) und die paar Wolfskin Marketing und Design fritzen keiner in der EU davon mehr profitiert. Die "EU" Ware die auch hier gebaut wird ist selten geworden. Lowa, Hanwag (auch nicht mehr alle) produzieren in Deutschland, sind aber mittlerweile Schwedische Marken.

- Von dem was wirklich in der EU gebaut wird ist Vieles MIST. Die Qualität vieler Messer aus Solingen geht immer weiter in den Keller (siehe Messerforum), VW-Konzernmarken befinden sich qualitativ im Tiefflug (siehe Autobild-Langzeittests oder ADAC Statistik), etc... Das "Wertarbeit" Argument zählt nicht mehr, Fernost baut mindestens ebenso gutes Zeug. Vielleicht sollte man hier nur noch entwickeln und dort bauen lassen?

Nun zum Killerargument Kinderarbeit und Umwelt:

- Kinderarbeit: Ward ihr schon mal in Indien, und habt DORT Leute gefragt? Oder habt auch nur den Inder am Eck um seine Meinung gefragt? Diese Familien sind ARM, das Einkommen der Kinder sichert das Überleben. Ist das ein Problem der 3 Welt? NEIN! Es ist noch nicht ewig her seit Kinder in deutschen Kohleminen und Fabriken arbeiteten. Und wie viele Bauernkinder helfen heute noch sehr früh am Hof mit? Das Ziel der Entwicklungshilfe ist es den Kindern ZUSÄTZLICH zur Arbeit Schulbildung zu bieten, und bessere Arbeitsbedingungen. Kinderarbeit zu verbieten geht erst dann, wenn die Eltern genug verdienen um die (oft vielen) Kinder und die Alten auch ohne Zusatzeinkommen zu versorgen. Genau so, wie hier vor 100 Jahren. Lassen wir Asien Zeit, in 20 Jahren ist das kein Thema mehr. Derzeit ist Kinderarbeit in China unter 12, in Indien unter 8 Jahren in Fabriken illegal. Achja: ICH habe mich bei Betroffenen informiert, was in meinem Job aber auch einfach ist.

- Umwelt: Klar, das ist ein Problem. Klar ist die Industrie in weiten Teilen Asiens (Japan und Südkorea sind oft weiter als wir) dreckiger als hier. Aber die sind eben noch ein paar Jahre hinten, und brauchen Zeit sich anzupassen. Ob sie das irgendwann tun, ich weiß es nicht. Aber sie geben vor es zu wollen, und mehr kann man schwer überprüfen. Vor der Olympiade in China wurden zB alle Werke in der Nähe der Wettkampfstätten mit modernsten Filtern versehen, damit die Spiele "sauber" bleiben. Ein Anfang...

- Dass die Arbeitsbedingungen in Asien hart sind ist klar, wobei der Drill oft kulturell bedingt ist (siehe die Wohlstandsstaaten Japan und Südkorea die Arbeitszeiten jenseits von gut und böse als normal empfinden). Da muss nachgebessert werden, aber langsam nährt sich das Eichhörnchen. Mann kann nicht von heute auf morgen die 38,5 Stundenwoche mit 5 Wochen bezahltem Urlaub und Weihnachtsgeld umsetzen, das hat auch hier Jahrzehnte gedauert.

Wer ist denn bitte Schuld daran dass die Asiaten so im Kommen sind? WIR wollten billige Computer und Handies, WIR wollten immer höhere Löhne und Sozialleistungen. Beides geht schwer. Würde man ALLE Produkte hier erzeugen wären sie dank der Löhne so teuer, dass der normale Konsument sich wenig leisten könnte. Also muss der mehr verdienen, was die Produkte verteuert. Verdient er aber mehr, und das Produkt kommt billiger aus Asien, dann geht die Rechnung eine Weile auf - nur irgendwann ist die Industrie fort. Konsequenterweise hätte man also sagen müssen: Wir forschen hier, entwickeln hier, designen hier (LedLenser Prinzip, aber auch die erwähnte Computerindustrie), zahlen die Leute gut und lassen in Asien bauen. Was der EU bleibt sind Dienstleistung, Forschung, Handel, Kunst, Handwerk und Entwicklung. Einen Friseur in Asien braucht man nicht, der Laden muss auch da bleiben, der Bäcker (Handwerk) sollte am Eck bleiben, usw - die Schwerindustrie wird sich nicht halten, siehe Opel und Co. Es sei denn, man spart dort Kosten ein. Personalkosten?
Hätte man also, und das ist der Fehler der Politik, auf BILDUNG gesetzt und gleichzeitig Dienstleistung und Co forciert statt die Industrie immer wieder subventioniert, dann wäre das Problem keines. Hat man aber nicht, darum hat man nun Zehntausende Industriearbeiter die man eigentlich nicht braucht. Und man hat tausende Studenten die statt auf deutschen Unis im Ausland (20.000 hier in Österreich) das universitäre Bildungssystem nutzen das es in Deutschland in der Form nicht gibt. Was, früher oder später, die anderen Bildungssysteme kippt, hierzulande überlegt man gerade Zugangsbeschränkungen und Studiengebühhren für alle weil die "Gaststudenten" die Unis überrennen und die Bedingungen erschweren ohne Geld zu bringen. Das Geld buttert man lieber in Opel, mit den 4,5 Milliarden hättet ihr eine Menge Studenten finanziert! Und dann weint man wieder, weil man Ärzte- Lehrer- oder sonstigen Fachkräftemangel hat, aber dafür 10.000e Arbeitslose. Idiotie! Es muss kein Akademiker sein, auch ein guter Handwerker oder Dienstleister ist immer gefragt. DIE gehören ausgebildet und forciert, nicht die Industrie!

Fazit: In einem Satz: Gebt Asien Zeit, die sind auf dem richtigen Weg. Auf dem FALSCHEN Weg sind wir hier in Europa, die wir zwar immer mehr wollen aber dabei falsch lenken! Und dann wundern wir uns dass es irgendwann knallt, und der große Knall, der kommt erst!

So, ein Roman zu Beginn, nun lasst die Meinungen - bitte ruhig - kommen.

#2 bluezook

bluezook
  • 358 Beiträge
  • WohnortInnsbruck
  • Sport:Camping, Survival, Wandern

Geschrieben 11. November 2009 - 16:54

Würde sagen das ich im großen und ganzen deiner Meinung bin.

ANDY

#3 Arthur

Arthur

    Odoo.tv Gründer

  • 3.888 Beiträge
  • WohnortKerpen, Rheinland
  • Sport:Survival, Wandern

Geschrieben 11. November 2009 - 17:30

So, ein Roman zu Beginn, nun lasst die Meinungen - bitte ruhig - kommen.


:sleep:

Das ist in meinen Augen alles eine Frage in welchem Entwicklungsstadium sich ein Land befindet. Hier in Europa regt man sich heute über Dumpinglöhne und Kinderarbeit auf. Dreht man die Uhr aber mal 150 Jahre zurück, dann sah es hier ganz genauso aus. Auch die Länder in Fernost entwickeln sich permanent weiter und werden irgenwann nicht nur qualitativ westliche Standards erreicht haben. Das ist nur eine Frage der Zeit.

Was ich gefährlich finde ist die Doppelmoral vieler Menschen. Einerseits ist man gegen Dumpinglöhne und Kinderarbeit. Auf der anderen Seite kauft man aber (vielleicht auch ohne darüber nachzudenken) immer das günstigste Produkt. Die Leute sind für oder gegen eine Sache, solange es sie selbst nicht betrifft.

Aber so ist das ja in vielen Bereichen. Bei mir kommen ja recht viele Pakete an. Was meint ihr wieviele Versender 10 Cent mehr zahlt und mit dem "Go Green" Label der Post versendet? Achtet mal darauf, wenn ihr irgendwo etwas bestellt. Von gefühlten 50 Paketen dieses Jahr, war es ein einziger Anbieter (OutdoorTrends.de | Outdoor Versand | Bekleidung, Ausrüstung, Rucksäcke, Schlafsäcke, Zelte). Peinlich für die ganzen anderen...

#4 Gast_peterpan

Gast_peterpan

Geschrieben 11. November 2009 - 19:35

Hätte man also, und das ist der Fehler der Politik, auf BILDUNG gesetzt und gleichzeitig Dienstleistung und Co forciert statt die Industrie immer wieder subventioniert, dann wäre das Problem keines.


Dienstleistung? Dann musst Du aber auch den Menschen finden, der wirklich Dienste leisten möchte; dieser Personenkreis ist IMHO sehr dünn hier gesät, so meine Erfahrungen.

Die Politik in Deutschland ist hier, was die Bildung anbelangt, bisher den falschen Weg gegangen und meiner bescheidenen Meinung nach setzt sie diesen unbeirrt fort.

Mein jüngster Bruder besucht die 7. Klasse eines Gymnasiums. Ethikunterricht und auch Religionsunterricht kann in dieser Klasse nicht erteilt werden, weil kein Fachlehrer zur Verfügung steht. Die vorgesehene 3. Sportstunde kann nicht erteilt werden, da nicht genügend Sporthallenraum zur Verfügung steht. Chemie- und Physikunterricht kann nicht parallel unterrichtet werden, weil nicht genügend Fachlehrer zur Verfügung stehen. Der Junge hat die Woche mindestens zwei Stunden Unterichtsausfall, weil entweder die Deutschlehrerin oder die Mathematiklehrerin, wegen Krankheit fehlen, bzw. letztere in einer anderen Klasse Vertretungsunterricht machen muss, weil dort die Lehrkraft fehlt.

Und die Einführung der Studiengebühren finde ich echt krass.

Ich habe Freunde, die gerne studieren würden, das aber nicht können, weil ihre Eltern ALG-II beziehen. Und nicht jeder möchte BAFÖG beziehen um nach dem Studium auf einem "Schuldenberg" zu sitzen.

Ich kaufe auch Produkte aus sogenannten Billiglohnländern, weil deren Qualität stimmt und ich mir diese finanziell leisten kann.

#5 Fjaellstorm

Fjaellstorm
  • 66 Beiträge

Geschrieben 12. November 2009 - 10:55

Und dann wundern wir uns dass es irgendwann knallt, und der große Knall, der kommt erst!

..und der kommt 2012, zumindest laut Roland Emmerich..:D

Na mal im ernst:
Du hast natürlich recht, die ganze Spirale von schlechter Bildungspolitik (gerade im Moment in Österreich ) bis klaffenden Lohn-Kosten Verhältnisen bis hin zu Billigproduktion im Fernost inkl Kinderarbeit und Umweltthematik.

Aber ich darf dich hier nochmals zitieren:

Ich habe es schon oft erwähnt, in diesem und anderen Foren, und halte es auch weiterhin so: Es ist mir FAST egal wo mein Produkt her kommt. Klar, bei Lebensmitteln und Co liegt mir daran dass es aus der Region kommt, aber ich esse auch Erdbeeren aus Spanien und Rind aus Argentinien.
Bei Industrieprodukten ist das Herkunftsland in meiner Prioritätenliste weit unten. Da zählt erst mal die Qualität, dann der Preis, damit das Preis-Leistungsverhältnis, dann das Design, und DANN die Herkunft. Und da kaufe ich lieber Made in der EU als in China, aber eben nur dann wenn ich im selben Segement die Wahl habe.


Ok, so machen es wohl viele.
Aber hör ich in deinem Artikel nicht ein Stück weit die bereits vorhin angesprochene Doppelmoral heraus?
Man kan dem ganzen ja auch zumindest zum Teil und im gewissen Rahmen entgegenwirken, indem man Fairtrade,-nachhaltige,-bio etc Produkte kauft. Das das nicht immer möglich ist, sei es aufgrund von nichtleistbaren Preisen oder dass Produkte in einem gewissen Segment eben nur aus billiglohnländern im Fernost erhätlich ist, ist wohl auch klar.

Ich verstehe und respektiere deinen Standpukt, aber ganz kann ich deiner Argumentation nicht folgen: du prangerst an, aber bist weiterhin bereit Produkte, die aus umstrittenen Produktionsverhältnisse stammen zu kaufen? Klar die Politik versagt bei dieser Thematik, aber ist es nicht immer leichter die Politik zu kritisieren, für etwas (zu Recht) verantwortlich zu machen?....aber du,ich und wir alle sind ein Teil der Konsumgesellschaft, und jeder kann, wenn er will, für sich selbst einen Teil dazu beitragen, dem etwas entgegenzusetzen, in dem man wie vorhin erwähnt auf die Herkunft,Produktionsbedingungen (sofern ersichtlich), Nachhaltigkeit etc eines Produkts achtet. Das das seinen Preis (wortwörtlich) hat, ist eben mal so..
Und es steht jedem frei, dies zu tun, oder eben nicht...

mfg

Bearbeitet von Fjaellstorm, 12. November 2009 - 11:04.


#6 Gast_peterpan

Gast_peterpan

Geschrieben 12. November 2009 - 17:47

..und der kommt 2012, zumindest laut Roland Emmerich..:D


Gott sei Dank hat der sich schon mit der Landung gewalttätiger Außerirdischer auf der Erde geirrt ;-)^^

Independence Day (Film) ? Wikipedia

Zitat von Fjaellstorm:
Man kan dem ganzen ja auch zumindest zum Teil und im gewissen Rahmen entgegenwirken, indem man Fairtrade,-nachhaltige,-bio etc Produkte kauft. Das das nicht immer möglich ist, sei es aufgrund von nichtleistbaren Preisen oder dass Produkte in einem gewissen Segment eben nur aus billiglohnländern im Fernost erhätlich ist, ist wohl auch klar.


Wie Du richtig schreibst: Es ist nicht immer möglich, Produkte aus "fairem Handel" zu kaufen, weil sie schlichtweg zu teuer sind und mein studentisches Finanzbudget es einfach nicht zulässt, derartige Produkte zu kaufen.

So kosten bei uns im Supermarkt zum Beispiel 500 g Kaffee aus Fair Trade Produktion rund € 7,50, wohingegen Jacobs Meister Röstung, in der gleichen Menge, heute € 2,49 kostet.

#7 axel

axel
  • 426 Beiträge

Geschrieben 14. November 2009 - 21:22

Nun zum Killerargument Kinderarbeit und Umwelt


Kann viele deiner Gedankengänge ganz gut nachvollziehen..
bei Kinderarbeit hab' ich 'Bauchschmerzen'. Kinderarbeit zieht sich durch alle Bereiche auch unserer Gesellschaft.. Zeitungaustragen, Arbeit im heimische Betrieb, Babysitten, was auch immer?! Denke, alles im grünen Bereich.
Doch wo Kinder satt Erwachsener, nur weil sie 'billiger' sind, noch weniger Lobby haben, in organisierter Industriearbeit schuften, hörts für mich auf.
Ich kann nicht von allen Produkten, die ich kaufe, herausfinden unter welchen Bedingungen und von wem sie gebaut wurden. Aber.. eine Position beziehen, kann ich schon!

Gruß.. axel




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