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Wissen: Einkaufen im Ausland


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Eine Antwort in diesem Thema

#1 Arthur

Arthur

    Odoo.tv Gründer

  • 3.888 Beiträge
  • WohnortKerpen, Rheinland
  • Sport:Survival, Wandern

Geschrieben 28. Juni 2011 - 07:58

Einkaufen im Ausland
Vor allem durch das Internet ist es sehr einfach geworden Preise von Waren international zu vergleichen und Produkte dann auch im Ausland zu bestellen. Auf den ersten Blick kann man dabei meist viel geld sparen. Doch wer sich nicht genau informiert, zahlt unter Umständen am Ende sogar mehr als im Inland. Wir verraten euch nun, auf was ihr bei Bestellungen im Ausland achten müßt.

Grundsätzliches
Bevor man auf den Preis schaut, muss man sich über einige grundsätzliche Dinge klar werden. Dies sind:

  • Erhält man die deutsche bzw. europäische Version eines Produktes? Bei einem Rucksack mag es da keine Probleme geben, bei einem GPS Gerät allerdings schon, wenn sich dieses nicht in Deutsch bedienen läßt. Das selbe gilt für Handbücher und alle Produkte mit Tastaturen.
  • Ist das Produkt in Deutschland zugelassen? So kann man im Ausland etwa Messer kaufen, die hier in Deutschland verboten sind. Das kann zum Komplettverlust der Ware und zu empfindlichen Strafen führen. Bei technischen Geräten gilt es zu prüfen, ob ein Betrieb in Deutschland erlaubt ist.
  • Wie wahrscheinlich ist ein Garantiefall? Kommt es zu einem Garantiefall kann es passieren, daß das Produkt zum Händler geschickt werden muss, bei dem man es gekauft hat. Die dabei anfallenden Versandkosten muss man unter Umständen selber tragen. Auch gelten in anderen Ländern andere Garantiegesetze, so daß Mängel, die hier in Deutschland anerkannt werden, im Ausland unter Umständen gar kein Garantiefall sind.
  • Ist der Händler bzw. Preis seriös? Immer wieder stößt man im Netz auf Produktpreise, die sehr viel günstiger sind als alle anderen. Das hat immer einen Grund! Entweder handelt es sich um ein Auslaufmodell, gebrauchte Ware, ein Plagiat oder man erhält gar keine Ware für sein Geld.

Europäische Union
Am einfachsten gestaltet sich das Einkaufen in Staaten, die zur europäischen Union (EU) gehören. Eine Zollunion ermöglicht den zollfreien Warenaustausch zwischen den Ländern. Die Währungsunion macht im Euro Raum Preise vergleichbar und befreit den Käufer von Wechselkursschwankungen. So zahlt man neben dem eigentlichen Preis eines Produktes lediglich Umsatzsteuer und Versandkosten.

Umsatzsteuer
Die Höhe der Umsatzsteuer richtet sich dabei nach dem Land, in dem man die Ware bestellt. Innerhalb der EU gibt es Umsatzsteuersätze von 15% bis 25%. Im Durchschnitt sind es derzeit etwa 20,3%, so daß man im Vergleich zu Deutschland (19%) oder auch Österreich (20%) hier in etwa gleich viel bezahlt. Wie in Deutschland auch, so werden in anderen europäischen Ländern die Preise in der Regel inklusive der Umsatzstseuer ausgewiesen

Versandkosten
Im Gegensatz zu einer Bestellung im Inland hat man allerdings höhere Versandkosten zu zahlen. Kostet ein Paket innerhalb Deutschlands um die 6 Euro, so muss man für ein Paket aus dem europäischen Ausland je nach Größe und Gewicht 20 Euro an Versandkosten einplanen.

Besonderheiten
Darüber hinaus gibt es einige Besonderheiten zu beachten, die wir hier kurz näher beleuchten:
  • Grundlage für den zollfreien Handel innerhalb der EU ist eine Zollunion, die im Art. 28 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegt wurde. Die Türkei, obwohl selbst nicht EU Land, trat 1996 der europäischen Zollunion bei. Warensendungen aus der Türkei werden daher wie Sendungen innerhalb der EU behandelt.
  • Im Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wurde 1994 geregelt, daß für Warensendungen aus Norwegen, Island und Lichtenstein, mit Ausnahme einer möglichen Verbrauchssteuer (Tabak, Alkohol, etc.), keine Zölle erhoben werden.
  • Nicht alle Länder der europäischen Union haben auch den Euro als Währung eingeführt. Dazu gehören zum Beispiel Großbritannien, Schweden, Polen oder auch Tschechien. Wechselkursschwankungen können also den Endpreis einer Ware positiv oder negativ beeinflussen.

Außereuropäisches Ausland
Komplizierter wird es, wenn man Waren aus dem außereuropäisches Ausland kauft. Die müssen in die europäische Union importiert werden und dabei fallen unter Umständen Steuern und Zölle an. Ob Steuern und Zölle erhoben werden, ist dabei abhängig von verschiedenen Faktoren. Rechtliche Grundlage sind hier die Artikel 23 und 24 der ZollbefreiungsVO, in denen es um geringwertige Sendungen geht.

Versandkosten
Zunächst einmal aber sind bei weltweiten Bestellungen in der Regel auch die Versandkosten höher. Je nach Land und Größe des Paketes können sie schnell bei 30 Euro und mehr liegen. Warenwert + Versandkosten bilden darüber hinaus die Rechnungssumme, welche für die weitere Betrachtung wichtig ist.

Rechnungssumme unter 22 Euro
Beträgt die umgerechnete Rechnungssumme weniger als 22 Euro, so muss man weder Einfuhrumsatzsteuer noch Einfuhrzölle bezahlen. Bei einigen wenigen Waren können eventuell Verbrauchssteuern anfallen. Darauf aber gehe ich später gesondert ein. Es gilt also:

Produktpreis
+ Versandkosten
--------------------------------------------------------
= Rechnungssumme unter 22 Euro


Rechnungssumme zwischen 22 Euro und 150 Euro
Ab einer Rechnungssumme von 22 Euro wird die Einfuhrumsatzsteuer fällig. Die ist an den Umsatzstseuersatz gekoppelt und beträgt aktuell daher 19%. Grundlage für die Berechnung ist die Rechnungsendsumme. Es werden also auch die Versandkosten versteuert. Zölle müssen nicht bezahlt werden. Abhängig von der Ware kann aber noch Verbrauchssteuer anfallen. Die Abrechnung sieht also wie folgt aus:

Produktpreis
+ Versandkosten
--------------------------------------------------------
= Rechnungssumme zwischen 22 und 150 Euro
+ 19% Einfuhrumsatzsteuer
--------------------------------------------------------
= Endbetrag

Rechnungssumme 150 Euro oder größer
Weist die Rechnung umgerechnet 150 Euro oder mehr aus, so müssen Einfuhrzoll und Einfuhrumsatzsteuer entrichtet werden. Dabei wird zunächst auf den Rechnungsbetrag ein Einfuhrzoll erhoben. Die Höhe ist abhängig vom Produkt und wird im gemeinsamen europäischen Zolltarif (TARIC) festgelegt. Ihr könnt die Höhe des Zolls im elektronischen Zolltarif des Deutschen Zolls nachschlagen. Ich habe für euch mal beispielhaft einige Produkte, ihren 11-stelligen TARIC Schlüssel und ihren Einfuhrzoll herausgesucht:

  • 7321 1200 00 0 - Benzinkocher: 2,7%
  • 7321 1190 00 0 - Gaskocher: 2,7%
  • 6306 4000 00 0 - Isomatten: 12%
  • 8211 1000 00 0 - Messer: 8,5%
  • 9102 1200 00 0 - Outdooruhren: 4,5%
  • 4202 9211 00 0 - Rucksäcke: 9,7%
  • 9404 3000 00 0 - Schlafsäcke: 3,7%
  • 7321 1200 00 0 - Spirituskocher: 2,7%
  • 8513 1000 00 0 - Taschenlampen: 5,7%
  • 6306 2200 00 0 - Zelte: 12%

Da die Nomenklatur sehr umfangreich und damit auch schwer verständlich ist, sollte man zunächst einmal dem Zoll die Berechnung überlassen. Erst wenn man dort auf einen höheren Prozentsatz kommt, sollte man explizit unter Angabe des obigen TARIC Codes nachfragen.

Nachdem nun auf die Rechnungssumme der Einfuhrzoll aufgeschlagen wurde, kommt nun noch die Einfuhrumsatzsteuer hinzu. Sie beträgt, wie bereits oben geschrieben, aktuell 19% und ist an die Umsatzsteuer gekoppelt. Weitere Steuern oder Zölle fallen nicht an, sieht man von der Verbrauchssteuer ab, die auf bestimmte Waren erhoben wird. Auch hier noch einmal kurz die Art der Abrechnung:

Produktpreis
+ Versandkosten
--------------------------------------------------------
= Rechnungssumme ab 150 Euro
+ 8,5% Einfuhrzoll (z.B. bei Messern)
--------------------------------------------------------
= Rechnungssumme inkl. Zoll
+ 19% Einfuhrumsatzsteuer
--------------------------------------------------------
= Endbetrag

Tipp: Freund im Ausland
Wenn man Freunde im Ausland hat, so kann man unter bestimmten Vorraussetzungen Geld sparen. Dazu bittet man den Freund, ein gewünschtes Produkt vor Ort im Ausland zu kaufen. Das Produkt schickt er euch dann zu. Bei dieser Art der Sendung von Privatmann zu Privatmann, gelten andere Freibeträge. Grundlage sind hier die Artikel 25 bis 27 der ZollbefreiungsVO. Damit eine Sendung zollfrei bleibt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Die Sendungen müssen von Privatperson zu Privatperson erfolgen
  • Die Sendungen dürfen nur gelegentlich erfolgen
  • Die Waren sind ausschließlich zum persönlichen Gebrauch oder Verbrauch
  • Die Menge der Waren läßt nicht auf eine kommerzielle Nutzung schließen
  • Der Versand erfolgt ohne irgendeine Bezahlung oder Gegenleistung
  • Der Wert der unteilbaren Waren darf nicht über 45 Euro liegen

Dabei ist zu beachten, daß der Wert von 45 Euro je unteilbarem Produkt gilt. So kann eine Sendung etwa zwei Taschenlampen für je 40 Euro enthalten, die zusammen einen Wert von 80 Euro darstellen. Zwei Wanderschuhe für 80 Euro sind jedoch unteilbar und es findet somit eine Verzollung statt. Problematisch dürften dagegen 10 Taschenlampen von je 40 Euro sein, da hier schnell eine kommerzielle Nutzung in Betracht gezogen werden könnte (Weiterverkauf).

Zollabwicklung
Wenn feststeht, daß Steuern oder Zölle bezahlt werden müssen, dann stellt sich als nächstes die Frage, wie genau die Zahlung erfolgt. Einfuhrumsatzsteuer und -zölle müssen vom Käufer der Waren an den Zoll entrichtet werden. Dieser führt die Einnahmen der Staatskasse zu. Bei der Abwicklung der Verzollung unterscheidet man zwischen:

Fremdverzollung
Die einfachste Möglichkeit ist die Fremdverzollung. Dabei übernimmt ein Dritter für euch die Verzollung und ihr müßt lediglich zahlen. In der Regel macht dies der Paketdienst für euch. Manchmal werden aber auch Firmen beauftragt, die für ihre Dienstleistung zusätzlich bezahlt werden müssen. Manche Paketdienste verlangen vorab per Post oder auch Email eine Vollmacht. Die Firmen führen dann die Verzollung durch und übernehmen die Zollgebühren. Bei der Zustellung des Paketes zu euch nach Hause, müßt ihr dann die Gebühren in Bar bezahlen. Wichtig: Damit eine Fremdverzollung überhaupt möglich ist, müssen Rechnung und Lieferschein am Paket von Außen zugänglich sein. Öffnen darf der Zoll ein Paket aufgrund des Briefgeheimnisses nicht so einfach.

Eigenverzollung
Sind Rechnung und Lieferschein für den Zoll nicht zugänglich, so kommt nur eine Eigenverzollung in Frage. Dabei müßt ihr zum nächstgelegenen bzw. für eure Region zuständigen Zollamt fahren und das Paket persönlich abholen. Sollte das der Fall sein, werdet ihr vom Zoll vorab postalisch informiert. Ihr müßt zur Eigenverzollung 1. euren Personalausweis, 2. die Rechnung und 3. Geld zum Bezahlen mitbringen. Ihr müßt dann vor dem Zöllner das Paket öffnen und er überprüft ob es mit der Rechnung übereinstimmt. Dann sind Einfuhrumsatzsteuer sowie eventuell Einfuhrzoll zu entrichten und ihr könnt das Paket mitnehmen. Ihr könnt auch einem Dritten eine Vollmacht ausstellen und ihm euren Personalausweis mitgeben. Dann kann dieser das Paket für euch vom Zoll abholen.

Verbrauchssteuer
Wir haben nun schon öfter von der Verbrauchssteuer gehört, sind aber bisher noch nicht näher darauf eingegangen. Das liegt daran, daß diese für Produkte aus dem Outdoorbereich normalerweise nicht anfällt. Erhoben wird sie auf Alkopops, Bier, Branntwein, Energie, Kaffee, Schaumweine und Tabak. Für uns wichtig ist dabei nur die Energie, denn hier wird die Verbrauchssteuer fällig, wenn ihr Benzin oder Gaskartuschen im Ausland bestellen wollt. Dabei sind in der Regel Beträge von 1 bis 2 Euro je Liter bzw. Kilogramm zu bezahlen.

Beispiele
Abschliessend ein paar Beispiele anhand derer sich der Einkauf im Ausland besser nachvollziehen läßt.

1. Kauf vom Händler innerhalb der EU
In Deutschland kostet das Gerber Bear Grylls Ultimate Knife rund 150 Euro. Hinzu kommen Versandkosten von rund 5 Euro. Kauft man das Messer also hier, so zahlt man 155 Euro.

Händler in Groß Britannien verkaufen das selbe Messer für rund 70 Britische Pfund. Beim Versand nach Deutschland fallen dabei etwa 20 Pfund Versandkosten an. Alles in allem zahlt man also 90 GBP. Umgerechnet sind dies aktuell etwa 102 Euro.

Bei der Einfuhr nach Deutschland fallen dabei weder Umsatzsteuer noch Einfuhrzölle an, da Groß Britannien zur EU gehört. Die Ersparnis gegenüber dem Kauf in Deutschland beträgt satte 53 Euro!

2. Kauf vom Händler in den USA heute
Möchte man in Deutschland ein Spyderco Terzuola kaufen, so zahl man für dieses Messer ebenfalls 150 Euro. Auch hier kommen Versandkosten in Höhe von 5 Euro hinzu, so daß wir wieder bei 155 Euro landen.

In den Vereinigten Staaten bekommt man das selbe Messer ohne Probleme für rund 90 Dollar. Hinzu kommen hier etwa 30 US Dollar Versandkosten. Zusammen zahlt man also 120 USD oder umgerechnet 85 Euro. Da dieser Wert über 22 Euro aber noch unter 150 Euro ist, fällt zusätzlich nur die Einfuhrumsatzsteuer an. Die 19% von 85 Euro belaufen sich auf etwas mehr als 16 Euro. Alles in allem zahlt man also 101 Euro.

Nicht in den Kosten berücksichtigt sind dabei allerdings Zeit und Geld, die eine Eigen- oder Fremdverzollung mit sich bringt. Hier ist aber noch genügend Spielraum, denn auch bei diesem Einkauf spart man ganze 54 Euro!

2. Kauf vom Händler in den USA vor einem Jahr
Wieder kaufen wir ein Messer in den USA. Diesmal das kleine Sebenza von Chris Reeve. Hier in Deutschland kostet das Klappmesser immerhin 350 Euro. Zuzüglich 5 Euro Versandkosten sind wir also bei 355 Euro.

In den Staaten ist das Chris Reeve Sebenza in Small nur geringfügig günstiger für 330 US Dollar zu haben. Auch hier rechnen wir 30 USD Versandkosten hinzu. Somit ergibt sich eine Rechnungssumme von 360 Dollar oder umgerechnet 255 Euro. Da wir über 150 Euro sind, kommt zunächst der Einfuhrzoll von 8,5% hinzu. Das sind in unserem Fall etwa 21,70 Euro. Damit kommen wir auf eine Zwischensumme von 276,70 Euro. Auf diese wird nun noch die Einfuhrumsatzsteuer gerechnet. Die 19% von 276,70 Euro sind etwa 52,60 Euro. Rechnet man alles zusammen, so zahlt man insgesamt rund 330 Euro für das Messer.

Auch diesmal spart man immerhin noch 25 Euro. Das ist aber nur heute so! Vor genau einem Jahr also im Juni 2010, hätte die Rechnung anders ausgesehen. Damals waren die 360 US Dollar noch 295 Euro. Rechnete man nun die 8,5% Zoll hinzu, so kam man auf 320 Euro. Darauf wurden dann noch 19% Steuer berechnet, so daß man am Ende 380 Euro bezahlt hätte!

Unter Strich wäre der Einkauf dieses Messers in den USA vor einem Jahr also ein Verlustgeschäft von -25 Euro gewesen.

Fazit
Das Internet macht es heutzutage einfach Preise weltweit zu vergleichen. Und ein Blick über den deutschen Tellerrand lohnt sich in der Regel. Es gilt aber vorab genau nachzurechnen, ob sich das vermeintliche Geschäft nach Zahlung von Steuern und Zöllen wirklich lohnt. Und der Händler sollte gründlich überprüft werden, bevor man unnötig Lehrgeld zahlt. Abschließend noch ein paar nützliche Links für euch:

Deutschland

Europa

Restliche Welt


#2 ströhlix

ströhlix
  • 152 Beiträge
  • Sport:Geocaching, Klettern, Survival, Wandern

Geschrieben 28. Juni 2011 - 08:13

Vielen Dank, sehr informativ.
Noch ein kleiner Tipp: falls ihr Bekannte bei der US-Army die in Deutschland stationiert sind dann lasst die Waren von den Bekannten bestellen, die müssen dann nämlich keine Zollgebühren zahlen, ihr zahlt nur Produkt+Versand.
Funktioniert natürlich mit allen AmericanPostOffice Adressen




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