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Hammocks im Deutschen Wald - Erfahrung und Recht


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20 Antworten in diesem Thema

#1 Bär

Bär
  • 90 Beiträge
  • Wohnort61250 Usingen (und oft auch München)
  • Sport:Camping, Fahrradfahren, Geocaching, Skifahren, Wandern

Geschrieben 18. Juli 2010 - 11:36

Hallo Freunde!

Ich denke darüber nach, mein Mini-Zelt gegen eine Hängematte/Hammock zu tauschen.
Im Auge habe ich die Clark Jungle Ultra Lite.

Wer hat
- allgemein Erfahrung mit Hammock-en im Deutschen Wald (wie reagieren Förster/Jäger; ist das rechtlich ein Biwak oder ein Zelt)?
- im speziellen mit der Clark-Hammock
- Lust, mit mir mal zu plauschen, wie es sich mit Hammocks so reist.

Viele Grüße
Euer Bär

#2 lexa

lexa
  • 1.137 Beiträge

Geschrieben 18. Juli 2010 - 12:52

Ich glaube den durschnittlichen Wald und Wiesenjäger wird es egal sein, ob er dich in Hängematte oder Zelt erwischt. Wenn du ihn störts wird er wohl stunk machen, egal ob Biwakieren nun eine rechtliche Grauzone ist oder er lässt mit sich reden. Kommt meiner Meinung mehr drauf an, von wem man sich erwischen lässt als von der Gesetzeslage.

Prinzipiell sollte man halt wissen, ob man in Hängematten schlafen kann. Ich als Bauchschläfer habe mit Hängematten immer ein Problem, außer den ganz großen.

#3 Corrado

Corrado
  • 27 Beiträge

Geschrieben 30. Juli 2010 - 21:09

Hi, also ich schlafe generell besser in der Hängematte als im Zelt. Schlafe vorwiegend auf der Seite.

In der Schweiz hatte ich noch nie Probleme mit dem Förster, konnte ihn immer überzeugen, dass ich nichts hinterlasse. Hingegen sollte man natürlich die Naturschutzgebiete und Jagdgebiete meiden und auch darauf achten, dass man nicht bei einem Wildwechsel das Camp errichtet.

Gruss
ChiSao

PS: Unter der Baumgrenze wandere ich nur noch mit einem grossen Tarp und Hängematte, nix Zelt

#4 Arthur

Arthur

    Odoo.tv Gründer

  • 3.888 Beiträge
  • WohnortKerpen, Rheinland
  • Sport:Survival, Wandern

Geschrieben 30. Juli 2010 - 22:21

Bei der Nutzung der Hängematte gibt es ein paar Dinge zu beachten:

1. Baumbeschädigung
Eine Hängematte wird in aller Regel an Bäumen befestigt. Dabei kann die Rinde des Baumes beschädigt werden. Im günstigsten Fall ist dies ein Verstoß gegen das jeweilige Landeswaldgesetz und somit eine Ordnungswidrigkeit. Im ungünstigsten Fall ist es Sachbeschädigung nach StGB und damit eine Straftat.

Man sollte also unbedingt darauf achten, daß die Bäume nicht beschädigt werden. Die meisten Hersteller von Hammocks haben entsprechend dicke Seile im Lieferumfang. Von einigen Herstellern gibt es optional spezielle Baumschutzgurte.

2. Zelten vs. Biwakieren
Die rechtliche Situation ist ja hinlänglich bekannt. Zelten ist in den Landeswaldgesetzen der meisten Bundesländer verboten. Das Biwakieren ist dagegen nicht explizit geregelt, weswegen hier immer von einer rechtlichen Grauzone gesprochen wird. Landläufig unterscheidet sich das Biwakieren vom Zelten dadurch, daß man beim Biwak kein Dach über dem Kopf hat. Man könnte also das Übernachten in der Hängematte ohne Tarp darüber als Biwakieren ansehen. Theoretisch.

Rein rechtlich ist der Unterschied zwischen Zelten und Biwakieren aber nirgendwo festgeschrieben! Das heißt es ist ohne Probleme möglich, daß auch das Übernachten im Biwaksack als Zelten angesehen wird. Unterm Strich macht es also eigentlich keinen Unterschied ob du im Zelt, im Bwiaksack oder in der Hängematte übernachtest. Was wirklich zählt ist, wie der Ordnungshüter auf deine Übernachtung reagiert. Im günstigsten Fall passiert gar nichts, im ungünstigsten ist es eine Ordnungswidrigkeit.

3. Hängematten Feeling
Was die Übernachtung in einer Hängematte angeht, so ist sie etwas anders als die Übernachtung im Zelt. Zum einen liegt man meist nicht gerade, sondern an Kopf- und Fußende etwas erhöht. Der ein oder andere kennt das vom Lattenrost daheim. Zum anderen ist eine Hängematte immer in Bewegung. Das leichte Schaukel ist zum Einschlafen vielleicht noch ok, aber man schaukelt eben auch mitten in der Nacht, wenn man sich mal ein wenig dreht. Wenn man damit keine Probleme hat, sind Hammocks eine tolle Sache.

#5 Gast_weltenbummler

Gast_weltenbummler

Geschrieben 30. Juli 2010 - 23:00

Ich habe mich mit dem "Problem" nicht wirklich beschäftigt- aber was ist denn genau das "Problem" beim Wildzelten? Bzw. wie ist das rechtlich zu bewerten? WIe eine Ordnungswidrigkeit? Straftat?
Gibts ein "Wildzelten-Gesetz"? Oder worunter fällt das und was sind die möglichen Strafen?

Ich habe schon häufiger irgendwo im Schlafsack "eine nacht durchgemacht" z.b am See mit Freunden (häufiger ohne schlafen :-D), soweit ich weiß gibts ja kein Gesetz an einem öffentlichen Ort sich (auch nachts) aufzuhalten? Und es gibt ja auch kein Gesetz dagegen irgendwo einzuschlafen? Ist ja auch keine Ordnungswidrigkeit wenn man im Zug, Stadtpark auf ner Bank oder in der Oper einschläft!?

#6 Arthur

Arthur

    Odoo.tv Gründer

  • 3.888 Beiträge
  • WohnortKerpen, Rheinland
  • Sport:Survival, Wandern

Geschrieben 30. Juli 2010 - 23:40

Ist ja auch keine Ordnungswidrigkeit wenn man im Zug, Stadtpark auf ner Bank oder in der Oper einschläft!?


Es ist aber ein Unterschied ob du auf einer Bank in einem öffentlichen Park sitzt und dort einschläfst oder ob du einem Wald, der sich in Privatbesitz befindet, ein Zelt aufbaust. bei Letzterem mußt du Heringe in den Boden schlagen, Waldboden freiräumen, etc. ;-)

Rein rechtlich sieht es so aus: Ein Großteil des deutschen Waldes, etwa 80%, wird forstwirtschaftlich genutzt. Grob 30% gehören dem Bund und den Ländern, 50% sind Privatbesitz. Nur 20% sind kommunale Wälder, die in der Regel der Erholung dienen (Stadtwald, etc.).

Trotzdem erkennt der Gesetzgeber an, daß alle Wälder in Deutschland der Erholung dienen. Geregelt wird dies in den Landeswaldgesetzen der einzelnen Bundesländer. Ich zitiere mal aus dem LFoG NRW:

§ 2 Betreten des Waldes (Fn 33)

(1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben.


So oder so ähnlich steht es auch in den anderen Landeswaldgesetzen. Bedingung für das Betreten ist meist, daß man den Wald als Lebensgemeinschaft akzeptiert und achtet. Nochmal LFoG NRW:

(3) Wer den Wald betritt, hat sich so zu verhalten, daß die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt oder verunreinigt sowie andere schutzwürdige Interessen der Waldbesitzer und die Erholung anderer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.


Dies ist in meinen Augen eine Selbstverständlichkeit, wenn man sich im Wald bewegt. Wenn man sich entsprechend benimmt, wird man so gut wie nie Probleme bekommen, egal ob man nur durch den Wald spaziert oder darin übernachtet. Apropro Übernachtung. Auch diese ist im Landesforstgesetz von NRW geregelt. Hier heißt es:

§ 3 Betretungsverbote (Fn 33)

(1) Verboten ist das
...
d) Betreten von forstwirtschaftlichen, jagdlichen, imkerlichen und teichwirtschaftlichen Einrichtungen im Walde und
e) Fahren im Wald mit Ausnahme des Radfahrens und des Fahrens mit Krankenfahrstühlen auf Straßen und festen Wegen sowie das Zelten und das Abstellen von Wohnwagen und Kraftfahrzeugen im Wald,

soweit hierfür nicht eine besondere Befugnis vorliegt.


Hier wird also ganz klar geregelt, daß das Zelten im Wald in NRW verboten ist. Übrigens auch das Betreten von jaglichen Einrichtungen, Stichwort Hochsitzwanderung. Falls man dennoch im Wald zeltet, so ist dies eine Ordnungwidrigkeit:

§ 70 Bußgeldvorschriften (Fn 27)

(1) Ordnungswidrig handelt, wer
...
1b. entgegen § 2 Abs. 3 den Wald beschädigt oder die Erholung anderer unzumutbar beeinträchtigt,
...
2. entgegen § 3 Abs. 1 eine dort bezeichnete Fläche oder Einrichtung betritt oder im Wald fährt, zeltet oder Wohnwagen oder Kraftfahrzeuge abstellt,
...
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfundzwanzigtausend Euro geahndet werden.


Hoffe ich konnte helfen. ^^

#7 Gast_weltenbummler

Gast_weltenbummler

Geschrieben 31. Juli 2010 - 00:05

Danke Arthur für die ausführliche und kompetente Antwort!
Der Vergleich mit dem Schlafsack am See war auch eher aufs Biwakieren bezogen ;-D

Ich glaube die größte Gefahr geht davon aus, das irgendein übernächtigter Jäger das Geschnarche für grunzen hält und drauf los ballert.

#8 saljut6

saljut6
  • 73 Beiträge
  • WohnortChemnitz
  • Sport:Wandern

Geschrieben 31. Juli 2010 - 08:29

ich hatte mich früher schon einmal mit diesem Thema beschäftigt und damals das in etwa so verstanden...

Das Biwakieren, also die Nächtigung ohne Zelt fällt unter das generelle Betretungsrecht. Mit Betreten ist nach der Definition der Juristen aber nur ein vorübergehender Aufenthalt gemeint (höhstens1 Nacht). Aber ACHTUNG: ob das „wilde“ Nachtlager geduldet wird, liegt im Ermessen der Förster. D.h. wenn man in einem Biwak schläft darf der Förster dies zwar unterbinden und dich wegschicken allerdings darf und wird es dafür keinerlei Strafe geben.

an Stränden (kein Privatstrand sondern sowas wie Ostseeküste) z.b. ist das Biwakieren grundsätzlich erlaubt!!!!

#9 Arthur

Arthur

    Odoo.tv Gründer

  • 3.888 Beiträge
  • WohnortKerpen, Rheinland
  • Sport:Survival, Wandern

Geschrieben 31. Juli 2010 - 09:15

Das Biwakieren, also die Nächtigung ohne Zelt fällt unter das generelle Betretungsrecht.


Hast du Quellen für diese Aussage?

Soweit ich weiß, gibt es überhaupt keine rechtliche Aussage zum Thema "Biwak". Weder in den Landeswald- / Landesforstgesetzen, noch im Bundeswaldgesetz. Ich habe vor einiger Zeit mal eine ganze Reihe von Gesetzen durchsucht und nur im Bundesleistungsgesetz taucht einmal das Wort "Biwak" überhaupt auf:

§ 72
Die Träger örtlicher Wasserversorgungsanlagen haben den Truppen nach den vorhandenen Möglichkeiten Wasser für den Quartier-, Biwak- und sonstigen Bedarf zu liefern. § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 gilt sinngemäß.


Hier geht es aber wohl eher um die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Biwak, also ein militärisches Feldlager.

Daher liest man auch immer von einer "rechtlichen Grauzone", eben weil es gar nicht geregelt ist. Ich glaube viele machen sich da aber etwas vor, um sich selbst die Erlaubnis zu geben im Wald zu übernachten. Tatsächlich ist es aber so, daß allein der Ordnungshüter entscheidet ob dein Biwaksack, dein Tarp, dein Hammock nun unter a) Übernachten im "Zelt" oder b) Betreten mit "zufälligem" Einschlafen fällt. ^^

Theorie & Praxis
Das ist aber, um es nochmal ganz deutlich zu sagen, die graue Theorie. In der Praxis sieht es ganz anders aus. Ich übernachte viel in deutschen Wäldern. In 95% aller Fälle wurde ich allerdings nicht einmal entdeckt. Hier gilt, wo kein Kläger, da kein Richter.

Wenn ich doch einmal entdeckt wurde, dann lief es immer freundlich und locker ab. Das mag daran liegen, daß ich meinen Lagerplatz immer sauber halte und nie ein Feuer mache. Außerdem stehe ich meist früh auf, so daß mein Zelt das ein oder andere mal schon verpackt war, als ich auf jemand traf.

Wie die Leute reagieren, hängt ein wenig davon ab, wen man trifft. Förster haben in erster Linie den Wald selbst im Blick. Das heißt, wenn man nicht in Schutzgebieten oder Aufzuchten pennt, keine Bäume beschädigt und kein Feuer macht, hat man kein Problem. Einem Jäger gehört der Wald nicht, er bejagt ihn nur. Ihm ist es wichtig, daß du nicht auf seinen Ansitz oder seine Kanzel kletterst, nicht an seine Kirrungen und Salzlecken gehst und generell dich so verhälst, daß du kein Wild vertreibst. Allen anderen, Wanderern, Forstarbeitern, etc ist es völlig egal, was du da gerade im Wald treibst.

#10 Gast_weltenbummler

Gast_weltenbummler

Geschrieben 31. Juli 2010 - 09:36

Also wenn in Deutschland etwas nicht geregelt ist (bzw. keine Verbote ausgesprochen wurden) ist ist es erlaubt etwas zu tun. Daher fidnen sich in Gesetzen ja auch mehr Verbote als Erlaubnisse etwas zu tun.
Wahrscheinlich kommts letztlichauf einen Richter/Polizisten/Förster an ob er
1. einen guten Tag hat.
2. Biwakieren als "auf der Bank mit Schlafsack sitzen" oder als Form des Zeltens betrachtet?
Ich liebe diese Rechtsunsicherheit auf so vielen Gebieten in einem Rechtsstaat!




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