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Firemedic

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#62707 Medikamente bei der Ersten Hilfe

Geschrieben von Firemedic am 24. Februar 2013 - 13:55

Auch wenn ich die Aussage der fehlenden strafrechtlichen Relevanz bei der Medikamentengabe durch Ersthelfer noch immer nicht teilen kann, ist diese Diskussion mal wieder ein schöner Beweis dafür, dass man kontrovers diskutieren kann, ohne die Grenzen des Respektes dem Anderen gegenüber zu verletzen. Ist ja leider grade im Internet nicht immer der Fall ...

Viele Grüße,
Firemedic


#62600 Medikamente bei der Ersten Hilfe

Geschrieben von Firemedic am 19. Februar 2013 - 21:18

Das Rettungsassistentengesetz definiert den RettAss als "Helfer des Arztes", daher wird ihm keine eigenständige Behandlungskompetenz zuerkannt. Die oben genannte "Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden" ist allerdings das, was unter Behandlung zu verstehen ist. Der RettAss fällt also nicht unter das Heilpraktikergesetz. Im erst-Recht-Schluss dann noch noch weniger der Ersthelfer.

Diese Auslegung ist zumindest die herrschende, wenn es um die Fragen der Kompetenzen des Rettungspersonales geht. Ob diese so die Anforderungen der Realität trifft, mag mal dahingestellt sein ...

Die Frage ist aber ja nach der Kompetenz des Ersthelfers, Medikamente ohne strafrechtlich belangt werden zu können, verabreichen zu dürfen. Dieser wird ja nun keinesfalls berufs- oder gewerbsmäßig Medikamente geben, also in diesem Sinne Heilkunde ausüben.

Das ein Medikament einen Eingriff in die Körperfunktionen darstellt, ist denke ich unbestritten. Medikamentengabe betrift also immer die körperliche Unversehrtheit. Wenn ich diese beeinträchtige, auch wenn ich es gut meine, begehe ich eine unerlaubte Handlung (zivilrechtlich) oder eine Straftat. Wenn ich die Erlaubnis dazu erhalte: Gut - dann geht der Erlaubnisgeber aber davon aus, dass ich weiss, was ich tue. Bei Medikamenten also die Wirkungen und Nebenwirkungen genau kennen. Ist er nicht bei Bewusstsein, müsste ihm unterstellt werden, dass er/sie diese Einwilligung ganz sicher geben würde. Schon hier wird es doch für den normalen Ersthelfer kritisch.

Sollte ich nun guten Gewissens selbst entscheiden, Medikamente zu geben, wird es sicherlich auf die konkreten Umstände ankommen. Jemand, dem kurz vorher vom Träger erklärt wurde, wie ein EpiPen (gegen allergischen Schock) funktioniert, und diesen dann kurze Zeit später einsetzt, weil den Träger just in diesem Moment die böse Biene sticht, wird sicherlich besser im Falle einer Klage dastehen (weil sich z.B. die Einstichstelle des Pens infiziert hat) als jemand, der einem anderen in einer Notsituation die Medikamente gibt, die der Helfer selbst immer nimmt und es kommt zu einem Schaden.

Für mich als Fazit: Aus der Rechtslage kann ich ableiten, dass eine Behandlung durch einen Ersthelfer zunächst nicht vorgesehen ist. Wenn ich trotzdem Medis gebe und es gibt in diesem Zusammenhang ein Problem, kann ich je nach konkretem Einzelfall rechtliche Schwierigkeiten bekommen. Daruf würde ich es nicht ankommen lassen, zumal mir im Vorfeld der Medikamentengabe meistens andere, mildere Mittel zur Verfügung stehen.

Viele Grüße,
Firemedic


#62594 Medikamente bei der Ersten Hilfe

Geschrieben von Firemedic am 19. Februar 2013 - 20:09

Ich bin auch Erste Hilfe-Ausbilder und werde in Kursen ziemlich häufig nach dieser Thematik gefragt. Dass ein Ersthelfer keine Medikamente verabreichen darf, wird aus dem Arztvorbehalt im Heilpraktikergesetz abgeleitet. Sobald Medis im Spiel sind handelt es sich zunächst um Behandlung, also etwas über die Erste Hilfe hinausgehendes. Dieses Dilemma trifft nicht nur den Ersthelfer sondern - wie auch schon geschrieben - den Rettungssanitäter und auch -assistenten. Diese lernen allerdings in der Ausbildung einige gängige Notfallmedikamente und deren Indikationen und Kontraindikationen kennen. Wenn nun ein im Rettungsdienst Tätiger Medikamente im Notfall gibt, verstößt er er zunächst gegen das Gesetz, ist aber im gleichen Moment gezwungen, dem Patienten zu helfen, so gut er es kann (Garantenstellung). Er muss die Hilfe wählen, die er beherrscht, die dem Patienten hilft und die das mildeste Mittel darstellt. Die Beherrschung des Mittels, also im Falle der Medikamente, das sichere Wissen um Anwendung, Wirkung und Nebenwirkung ist entscheidend für die Auswahl des Mittels.

Grundsätzlich gilt dies alles natürlich auch für den Ersthelfer. Wenn sich dieser entscheidet, Medikamente zu geben, behandelt er, ohne Arzt zu sein. Er verlässt damit das Gebiet der klassischen Ersten Hilfe (hiermit meine ich all das, was in einem normalen EH-Kurs gelehrt). Wenn es nun zu Schäden durch die Medikamentegabe kommt (allergischer Schock, verstärkte Blutung durch Aspiringabe bei Schmerzen, ...), ist die Frage, wie er die Medikamentengabe rechtfertigen kann. Zu klären wird sein, ob der Helfer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Ich kenne leider keine Gerichtsentscheidung bezüglich eines Ersthelfer, der durch Medikamentengabe etwas verschlimmert hat und weiss nicht, wie ein Richter die Rechtfertigung eines Ersthelfers ohne weitere medizinische Ausbildung beurteilen würde.

Ich persönlich würde von der Medikamentengabe bei einem fremden Dritten (außerhalb meiner Familie) die Finger lassen. Ich glaube, dass es im normalen Umfeld kaum die Situation gibt, in der ich durch die zur Verfügung stehenden Medikamente effektiver die 15 Minuten bis zum Eintreffen des Rettungswagens überbrücken kann als durch klassische Erste Hilfe. Das Asthma-Spray oder das Herzmedikament bei dessen Einnahme mich der Patient um Hilfe bittet, ist etwas anderes (wie schon geschrieben).

Viele Grüße,
Firemedic


#44591 Tourniquet, welcher taugt was?

Geschrieben von Firemedic am 27. Mai 2011 - 16:35

Touché!

Richtige Ausbildung ist natürlich das A & O und ohne Ausbildung ein TQ zu nutzen, weil man davon mal gelesen hat, wäre schlicht und einfach dämlich und gefährlich. Wenn diese aber vorliegt und dieser jemand in seiner persönlichen Gefahrenanalyse feststellt, ein TQ zu benötigen, warum nicht! Kein Richter wird einen verknacken, weil eine lebensbedrohliche Blutung, die nicht anders (!) gestillt werden konnte, mit einem TQ beendet wurde.

Schauen wir mal, was die Zukunft so bringt! Ich denke einfach, dass die Dinge, die Leben retten können und vernünftig in der Ausbildung vermittelt werden können, ohne Scheuklappen auf ihre Integration in bestimmte medizinische Ausbildungsstufen geprüft werden sollten.

Viele Grüße,
Firemedic